Deutschlands emotionale Arbeitskrise: Warum Unzufriedenheit Fluktuation bedeutet.

Mangelt es an emotionaler Bindung zum Arbeitgebenden befeuert das die Fluktuation. Hohe Kosten und Verluste bei der Produktivität können vermieden werden.


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Stellen Sie sich vor, rund ein Fünftel Ihrer Mitarbeitenden wäre nicht wirklich mit dem Herzen bei der Arbeit. Eine emotionale Arbeitskrise frisst Loyalitäten, befeuert die Fluktuation und kostet! Die nicht vorhandene Identifizierung, mit dem eigenen Arbeitsplatz hat ihren Preis: Produktivitätsverluste, die jährlich zwischen 118,1 und 151,1 Milliarden Euro betragen.

Nur ein Viertel der deutschen Arbeitnehmer:innen ist vollständig zufrieden mit seinen / ihren Führungskräften. Ein Manko, das in mangelnder emotionaler Bindung und Unzufriedenheit, also in einer Arbeitskrise, mündet. Vor allem fördert es den Wunsch nach Veränderung und steigert die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln – ein Mehr an Fluktuation droht. In Zeiten, in denen deutsche Unternehmen mit Arbeitskräftemangel ringen, kann dies ein ernstzunehmendes Problem darstellen.  

Recruiting vs. Fluktuationsraten?

In der heutigen dynamischen Arbeitswelt, in der Fachkräftemangel, Wertewandel und Erwartungen der Arbeitnehmenden (bspw. Generation Z) aufeinandertreffen, steigen die Anstrengungen fürs Recruiting und die Fluktuationsraten gleichermaßen. Hier reden wir nicht mehr nur einen normalen Bestandteil der Arbeitswelt, sondern über einen Faktor, der spürbar auf die Unternehmenskassen drückt, denn der Aufwand wird immer größer, um Abwanderungen auszugleichen und ggf. mehr Fachkräfte am Ende zu beschäftigen.

Das gesteigerte Interesse am Arbeitgeberwechsel trägt dazu bei, dass die Kosten für Fluktuation stetig steigen. Eine Entwicklung, die es wert ist, genauer betrachtet und hinterfragt zu werden.

Die verborgenen Kosten der Fluktuation: Das sollten Sie wissen.

Sie haben sicher schon von Fluktuationskosten gehört. Aber wissen Sie wirklich, wie tiefgreifend und weitreichend die Folgen für ein Unternehmen sein können? Es sind nicht nur die offensichtlichen Kosten, die entstehen, wenn ein/e Mitarbeiter:in geht und eine neue Kraft kommt. Es gibt viele verborgene, indirekte Kosten, die nicht sofort sichtbar sind. Lassen Sie uns tiefer in dieses Thema eintauchen.

Warum sollten Sie Fluktuationskosten ernst nehmen?

Jedes Mal, wenn ein/e Mitarbeiter:in ein Unternehmen verlässt, entstehen Kosten. Vom ersten Moment der Kündigung bis zum Ende der Einarbeitung eines/einer neuen Mitarbeiter:in. Aber was genau sind diese Kosten?

Direkte Fluktuationskosten – mehr als nur eine Rechnung

Die direkten Kosten im Zusammenhang mit der Fluktuation von Mitarbeitenden sind am leichtesten zu überblicken und zu berechnen. Hierzu gehören unter anderem Recruiting-Kosten. Das Finden und Einstellen des besten Talents kann sehr teuer werden. Headhunter, Stellenanzeigen, Prämien bis hin zu den Hintergrundüberprüfungen der Bewerber. Ein weiterer Posten sind die Onboarding-Kosten. Sobald ein/e neue/r Mitarbeitende eingestellt ist, kommen die damit verbundenen Schulungsmaßnahmen, Anschaffungen für neues Equipment und in einigen Fällen sogar Umzugskosten dazu. Natürlich fallen auch Austrittskosten an, die beispielsweise aus Abfindungen, noch zu gewährenden Resturlaubstagen oder möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen resultieren können. Hinzu kommen administrative Kosten, die durch Verwaltungsaufwand entstehen, beispielsweise beim Verfassen von Kündigungsschreiben oder der Anpassung von Arbeitsverträgen. Schließlich gibt es noch die Kosten, die entstehen, wenn sich ein Team an die Veränderung anpassen muss. Dies kann erhebliche Zeit und Ressourcen in Anspruch nehmen.

Indirekte Fluktuationskosten – Die versteckten Auswirkungen

Abseits der direkten Kosten gibt es noch die indirekten, oftmals als „versteckt“ bezeichneten Kosten, die durch Mitarbeiterfluktuation entstehen. Zu diesen zählt der Produktivitätsverlust. Jede/r neue Mitarbeiter:in braucht eine Eingewöhnungszeit, und bis sie/er ihre/seine volle Leistungsfähigkeit erreicht, kann dies das Arbeitstempo des gesamten Teams beeinträchtigen. Ein weiterer Punkt sind die Qualitätsverluste. Wenn erfahrene Mitarbeitende gehen, verlässt oft wertvolles Know-how das Unternehmen, was die Qualität der Arbeit beeinflussen kann. Auch die Beziehung zu Kunden und Lieferanten kann darunter leiden. Ein Wechsel von Schlüsselpersonen kann dazu führen, dass Kundenbeziehungen neu aufgebaut werden müssen, da das Vertrauen verloren gegangen ist. Nicht zuletzt kann die Fluktuation zu einer erhöhten Arbeitsbelastung für die verbleibenden Mitarbeiter führen, was Stresslevel erhöht und in einigen Fällen zu Burnout-Symptomen führen kann.

In Anbetracht der aktuellen Zahlen zur emotionalen Bindung wird es für Unternehmen immer interessanter, die Kosten, die durch Fluktuation entstehen, eingehend zu betrachten und effektive Strategien auszuarbeiten, um diese zu reduzieren. Oder anders: Warum nicht lieber einen Teil der Kosten in die Bindung der Mitarbeitenden investieren?

Attraktivität als Arbeitgeber: Wie sich die Präferenzen der Arbeitnehmenden verändern

In der sich rasch verändernden Arbeitswelt haben die Kriterien, nach denen Menschen ihre Arbeitgeber bewerten und auswählen, einen signifikanten Wandel durchlaufen. Eine Untersuchung des HR-Reports 2023 wirft ein interessantes Licht auf diese Veränderungen.

Seit über einem Jahrzehnt spielen Faktoren wie ein gutes Betriebsklima und eine marktgerechte Entlohnung eine konstante Rolle in der Mitarbeiterbindung. Dies sind offensichtlich die Grundsteine, die für die meisten Arbeitnehmer nach wie vor unerlässlich sind.

Allerdings haben andere Faktoren ihre Priorität verschoben. Früher waren die Reputation eines Unternehmens und die Beschäftigungssicherheit ausschlaggebende Kriterien bei der Arbeitgeberwahl. Heute rücken flexible Arbeitsmodelle und Maßnahmen zur Work-Life-Balance in den Vordergrund. In Zeiten von Rentenunsicherheit und Inflation kommen auch Zusatzleistungen immer mehr in den Fokus.

Innerhalb der Unternehmen gibt es auch Unterschiede, ja nach Rolle oder Abteilung in der Bewertung von Angebot, Umfeld und Atmosphäre… Während rund die Hälfte der HR-Expert:innen den Aspekt „stärkenorientierte Personalentwicklung“ als wichtig erachten, sehen nur etwa ein Viertel der Fachabteilungsleiter und Unternehmensführungen dies ebenso. Und obwohl HR-Spezialist:innen in der Regel die Wichtigkeit von Gehalt und Betriebsklima herunterspielen, heben andere Gruppen genau diese Aspekte hervor. Es scheint, als ob lediglich bei flexiblen Arbeitszeiten und Personalentwicklungsmaßnahmen Wunsch und Realität übereinstimmen.

Die Diskrepanz zwischen dem, was Arbeitnehmende als wichtig erachten und den tatsächlich eingesetzten Instrumenten zur Mitarbeitendenbindung und -gewinnung in Unternehmen wird deutlich. Es mangelt offensichtlich an (Möglichkeiten) zur Identifikation, an Kommunikation, am Miteinander. Der Weg in die emotionale Arbeitskrise bedeutet am Ende ein Mehr bei der Fluktuation!

Dies führt zu einer zentralen Schlussfolgerung: Das Employer Branding wird immer wichtiger. Als ein fortwährender Prozess – das steckt im Wort Branding – ermöglicht es Unternehmen, sich an die veränderten Erwartungen ihrer Arbeitnehmenden anzupassen und darauf zu reagieren. Ein überzeugender Markenauftritt als Arbeitgeber, der sowohl aktuelle Anforderungen als auch interne Wahrnehmungsunterschiede berücksichtigt, könnte der Schlüssel sein, um effektive Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung zu implementieren.

Sie möchten Ihr Employer Branding starten oder weiterentwickeln? Hier finden Sie weitere Informationen für Ihren Weg, um Mitarbeitende zu halten und neue gewinnen zu können.